Liebe Leserin, 
lieber Leser, 

mit den folgenden Zeilen wollen wir Ihnen einen kurzen geschichtlichen Überblick über die Gemeinde Rettenbach am Auerberg geben. 

Dieser Rückblick auf die Vergangenheit ist den vielen Mühen von Franz Griesmann zu verdanken der mit seinen Buch „Heimatchronik der Gemeinde Stötten a. Auerberg“ viele Details zusammengetragen hat und den persönlichen Aufzeichnungen von Gottlieb Maag. Die vollständige Ausgabe kann in der Gemeinde käuflich erworben werden. 

Rettenbach will seiner Vergangenheit gedenken. 
Falls Sie im Besitz historischer Dokumente oder selbst Augenzeuge bedeutender Momente sind/ waren (oder Ihnen Fehler in der Wiedergabe der Geschichte aufgefallen sind), freuen wir uns über Ihre Kontaktaufnahme unter 08860/8616 oder info@sonnendorf-rettenbach.de

 

Durch die vergangenen Jahrhunderte

Unter „Roden am Bach“ wurde das idyllische heutige Rettenbach 1167 erstmals erwähnt. Nach mehrmaligen Wechseln der Eigentümer ging das Lehen an den Grafen von Redenbach. Ein Teil des heutigen Kirchenchors stellt heute noch den Überrest der damaligen Burg des Grafens dar. Da der Graf verarmte wurde „Redenbach“ an das Hochstift Augsburg verkauft. 

Die heutige Kirche wurde in den Jahren 1450 bis 1515 erbaut. Da der Grund und Boden in Rettenbach lt. den damaligen Aufzeichnungen unfruchtbar war, ist die Armut sehr groß. Zubrot können sich die Bauern lediglich durch Flachsbau und das Salzfuhrwerk verdienen. Dies war der Grund für den großen Bauernkrieg von 1525, während die Bauern in Armut darbten, führte die Obrigkeit ein feudales Leben in Saus und Braus. Im diesem Krieg wurden die Rettenbacher „Gennachbauern“ vertrieben und deren Höfe zerstört. 

Als der 30 jährige Krieg 1631/32 endete wüteten in Rettenbach wiederholt Teile der aufgelösten Heere bestehend aus Söldnersoldaten aus allen Herren Ländern. Sie plünderten die Kirche, überfielen und brandschatzen Gehöfte und stahlen Vieh und Habe. Kurz darauf im Jahre 1634 wütete zusätzlich zur herrschenden Hungernot die Pest in Rettenbach mit über 100 Pesttoten, die in den Falchen und Filzbichl notdürftig verscharrt wurden. Zur gleichen Zeit begann auch der Hexenwahn, der sich in Rettenbach gegen die Geschwister Götzfried richtete. Diese pflegten die damaligen Pestkranken ohne selbst zu erkranken, was von den gläubigen Rettenbachern als Bund mit dem Teufel und Hexenwerk angesehen wurde. 

Nach diesen sorgenreichen Jahren kamen unter den Fürstbischöfen von Augsburg und dem Lehensherren Riedheimer endlich ruhige und geordnete Jahre. 

Diesem Frieden machte ein furchtbares Gewitter 1730 ein Ende. Der Tag wurde zur Nacht und im ganzen Auerbergland wütete stundenlang ein Gewitter mit nie gekanntem Hagelschlag. Die anschließende Kälte und weitere Wolkenbrüche verdarben die Ernte und rissen die Erde auf. Die darauffolgende Hungersnot war so groß, dass ein Laib Brot gegen ein Stück Land getauscht wurde. Das erste Fuder Getreide im nächsten Jahr wurde, als Dank an Gott, unter Kreuz und Fahne ins Dorf gefahren. Rund hundert Jahre später (1832) wütete die Cholera in Rettenbach, wieder wurden die vielen Toten im Falchen und Filzbichl verscharrt. 

Das Jahr 1816 ist erneut durch enorme Wetterkapriolen, die für die Bewohner von Rettenbach in Hunger und Armut enden, geprägt. Januar und Februar sind hochsommerlich heiß während es im Mai teilweise schneit. Das nasskalte Wetter mit endlosen Regenfällen, gelegentlich von Wolkenbrüchen, Gewittern und Hagelschlag unterbrochen, hält das ganze Jahr über an. Im Oktober beginnt es erneut zu schneien. Getreide, Gras und Heu, Kraut und Kartoffeln verfaulen auf den Feldern oder erfrieren im Schnee. Unvorstellbare Hungersnot und Teuerung folgen. Im Jahr darauf wachen die Menschen Tag und Nacht auf den Feldern um die Hungernden daran zu hindern, die Saatkartoffeln und Setzlinge auszugraben. Zur Erinnerung an die große Not prägt man den sog. Hungertaler.

 

Ab 1900

Das Ende des II. Weltkrieg in Rettenbach 1945:
(Aus dem Augenzeugenbericht von Anton Herz)
Am 22. April beziehen 500 französische Gefangene mit 80 Mann deutscher Bewachung Quartier in Rettenbach. Dazu wird am 25. April die Schule und die Scheunen beschlagnahmt. Am 26. April strömen immer mehr Menschen in das kleine Dorf. Zug um Zug marschiert durchs Dorf, Autos und Lastwagen voll mit Militärs rollen weg vom Feind. Sämtliche Stuben und Scheunen sind belegt. 
Am 27. April gibt es keinerlei Meldungen mehr via Radio, niemand weiß wo die Front verläuft, wie weit der Feind noch entfernt ist. Vom frühen Morgen an ziehen Truppen ununterbrochen durch Rettenbach. Teils Buben, teils alte Männer, hinkend, auf Fahrrädern, auf Pferden, mit Pferdefuhrwerken - unsere stolze Armee… ein Bild des Jammers. Gegen Mittag explodiert, von Fliegern getroffen, in Günzach ein  Munitionszug. Die ungeheure Detonation ist selbst hier in Rettenbach zu vernehmen. Keiner wagt sich mehr aus dem Haus da Jabos die Gegen umkreisen um auf alles Lebende zu schießen. 
Der Versuch gegen Abend des gleichen Tages die weiße Fahne am Ortseingang zu hissen, bezahlt Anton Herz fast mit seinem Leben. Kurz darauf rollen die Panzer der Amerikaner den „Langenwald“ herauf. 

Nach dem II. Weltkrieg ist die Versorgungssituation in Rettenbach sehr schlecht. Lebensmittelkarten, Bezugsscheine selbst für den kleinsten Gegenstand - Verknappung auf allen Gebieten des täglichen Bedarfs. Knapp 350 Evakuierte sind zusätzlich zu den eingesessenen Bürgern zu versorgen. 1946 verschärft sich die Situation erneut als auf Amtswegen nochmals 400 Ausgewiesene aus dem Bruderland und Ungarn untergebracht werden mussten. Erst nach der Währungsreform werden die Umstände für Rettenbach besser. 

Der 01.05.1978 ist für Rettenbach ein traumatisches Datum. An diesem Tag verliert die Gemeinde alle Rechte der Selbstständigkeit und wird ab sofort als Ortschaft von Stötten am Auerberg geführt. Dieses schmerzliche Ereignis wird vom letzten Bürgermeister Rettenbachs im Protokollbuch mit einem Nachruf beschrieben: 

Nachruf: 
Die Gemeinde Rettenbach a.A. wird am 30.4.1978 gegen den Willen der Bürger, des Gemeinderates und des Bürgermeisters aufgelöst und in die Gemeinde Stötten a.A. eingegliedert. Verantwortlich ist die von der Christlich-Sozialen-Union getragene Bayerische Staatsregierung. Eine jahrhundertealte Tradition der Selbstverwaltung geht zu Ende. Es wurde von uns alles Menschen mögliche getan, um dieses zu verhindern, leider vergeblich. Wir müssen uns der diktatorischen Gewalt beugen. Unsere Hoffnung setzten wir nun auf die neuen Gemeinde Stötten a.A. und ihren Bürgermeister Wilhelm Bottner. Dem Unterzeichneten wurde von den Bürgern von Rettenbach a.A. die ehrenvolle Aufgabe übertragen, die Gemeinde 12 Jahre zu verwalten. Ich danke unseren Bürgern für das entgegengebrachte Vertrauen und für die gute Zusammenarbeit. Ich wünsche der Ortschaft Rettenbach, Frankau und den anderen Weilern für die Zukunft alles Gute und Gottes Segen. 
(Ottmar Holl, 1. Bürgermeister) 

Trotz alledem schaut Rettenbach in die Zukunft. 1981 wird die Mehrzweckhalle errichtet. Zum 50 jährigen Gründungsjubiläum der Musikkapelle wird 1983 ein großes Fest ausgerichtet. Ein weiterer Schlag erfolgt jedoch 1984 als die Grundschule von Rettenbach aufgelöst wird und die Schüler in Stötten eingeschult werden. Beim Bundeswettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ wird Rettenbach 1986 Kreissieger. 

Am 06.10.1993 wurde nach langem Freiheitskampf die Eigenständigkeit des Dorfes wieder erreicht, dieser Tag ist der örtliche Feiertag.